für die Bühne eingerichtet von Anne Simmering
PREMIERE DEUTSCHLAND:
Kulturzentrum, "Wolkenstein-Saal", Konstanz
1. Juli 2021, 20.00 Uhr
Besetzung
Konzept, Übersetzung, Inszenierung: Anne Simmering
Schauspiel, Gesang: Anne Simmering
Schauspiel, Gesang: Julian Härtner
am Klavier: Andreas Kohl
Ausstattung: Dorien Thomsen
dramaturgische Beratung: Sven Kleine
die brandneuen, bisher nie aufgeführten, in jeder hinsicht zutiefst amerikanischen texte von neil labute treffen auf die zutiefst - im besten sinne - amerikanischen songs von stephen sondheim - und, als seien sie füreinander geschaffen, gehen sie ineinander auf, befeuern, verklären, beleuchten sich gegenseitig und schaffen eine ganz eigene szenische und musikalische welt.
eine welt, die ganz direkt und unmittelbar mit ihrem publikum zu tun hat - denn alle monologe fragen: was wäre gewesen, wenn ich das und das getan hätte - oder was wäre gewesen, wenn ich das und das nicht getan hätte?
wer hat sich nicht diese frage schon gestellt, vielleicht mehrfach, vielleicht unentwegt? wie sehr kann ich entscheidungen eigentlich in freiheit treffen? kann ich sie überhaupt in freiheit treffen? und wenn ich sie getroffen habe, und ihre konsequenzen fallen in mein leben hinein, und mein leben entwickelt sich dementsprechend, bastele ich dann an meinem glück, bastele ich genug daran, bastele ich vielleicht am glück von anderen, oder an meinem eigenen unglück, oder an was bastele ich da eigentlich?
was ist freiheit? was bedeutet entscheidung? gibt es schicksal? gibt es ewigkeit? passt jemand auf uns auf? wer?
sechs monologe, sechs leben werden vor dem publikum aufgefächert und stellen auf ihre ganz eigene art all diese fragen und noch viele mehr.
Der US-amerikanische Autor, Regisseur und Dramatiker Neil LaBute, bekannt für seine intensiven und verstörenden Theaterstücke und Filme, u.v.a.)hat für die Kamera sechs Monologe geschrieben - drei für Frauen, drei für Männer in jeweils unterschiedlichen Lebensaltern.
Unter dem Titel It must be love hat Anne Simmering diese Monologe zusammengeführt und mit den Songs von Stephen Sondheim eine zusätzliche Bedeutungs- und Assoziationsebene gestaltet.
Alle Monologe kreisen um die Auslotung dessen, was wir seit Urzeiten 'Gewissen' nennen und die Frage nach der Zwangsläufigkeit von Lebensentscheidungen. Bei dieser dramatischen Suchbewegung werden alle existentiellen Gefühle, Situationen und Bestrebungen durchlebt: Vergänglichkeit und verpasste Momente, Sehnsucht nach einer anderen Biographie, Liebe, Verlust, Schmerz, Angst, Gewissenhaftigkeit und Verantwortungslosigkeit, Verführung und Verrat. Immer wieder fragen sich die Figuren, ob sie anders hätten handeln sollen und können.
Durch die Besetzung der sechs Figuren mit zwei Schauspielern und das verbindende Element der Musik treten die Monologe in einen faszinierenden Dialog über die Seinsgrundlagen des heutigen Menschen.
Mit „It must be love“ zeigt Anne Simmering eindrucksvolle Texte von Hollywoodregisseur Neil LaBute. Dass diese Konstellation funktioniert, haben sie schon in der Vergangenheit am Theater Konstanz bewiesen. Jetzt inszeniert Simmering als freie Künstlerin, mit Unterstützung von Schauspieler Julian Härtner und dem Pianisten Andreas Kohl neue Texte von LaBute im Wolkensteinsaal – es ist ihr Abschiedsgeschenk für Konstanz.
„Manchmal glaube ich, dass ich wahnsinnig sein muss, hier wegzuziehen“, sagt Anne Simmering mit dem Blick auf den See, in Gedanken an all die Erlebnisse und Begegnungen, die sie hier hatte. Als Teil des Ensembles am Konstanzer Theater hat sie ihr Talent für ein sensibles Spiel mit ihrer tollen Stimme mehrfach unter Beweis gestellt. In „Eine Art Liebeserklärung“ gab sie einen Monolog von Neil LaBute zum Besten, der unter die Haut ging. Durch den Wechsel der Intendanz wurde ihr Vertrag nicht übernommen und so geht es für sie nun weiter an ein anderes Haus. Wer sich in Zukunft von ihrer umwerfenden Art zu spielen, von ihrem Feinsinn für zarte Situationen und von ihrer gewaltigen Stimmpräsenz in den Bann ziehen lassen will, muss nach Ulm fahren. Dort wird sie künftig Teil des Theaterensembles sein.
Zum Abschied gibt es aber noch ein Geschenk für uns, für die Stadt, für das Publikum: „It must be love“ heißt das Stück mit dem Anne Simmering in Eigenregie die Bühne im Wolkensteinsaal bespielt. Sie hat Monologe von der Hollywoodgröße Neil LaBute übersetzt und mit Musik von Steven Sondheim kombiniert. Es geht natürlich um die Liebe, aber wer LaBute kennt, der weiß, dass er dabei tief gräbt. „Es geht um den Tod, um Verantwortung für die eigenen Gedanken, es geht um Moral, Gewissen und Verdammnis und es geht immer um die Ewigkeit“, sagt Anne Simmering über die Texte, denen sie eine religiöse Dimension zuschreibt.
Sechs Menschen erzählen auf der Bühne von ihren innersten Gedanken. Blicken in die Tiefe ihrer Seelen, in die Abgründe. Analysieren Fragen und Entscheidungen, lassen sich in ihre einsamen Herzen blicken. Die Frauenfiguren inszeniert Anne Simmering, die Männer werden von Julian Härtner (ebenfalls ehemals Theater Konstanz) interpretiert. Begleitet werden sie von Andreas Kohl auf dem Piano. Ein schlichtes und direkt gehaltenes Bühnen- und Kostümbild kommt von Dorien Thomsen. Unterstützt wird das Projekt vom Konstanzer Kulturfonds, dem Landkreis Konstanz sowie der Stadt Kreuzlingen.
Wer also bislang noch nicht in den Genuss kam, Neil LaBute von Anne Simmering interpretiert zu erleben, der sollte sich diese Weltpremiere nicht entgehen lassen. Wer es schon erlebt hat, weiß sowieso, dass dieser Termin nicht verpasst werden darf.
Veronika Fischer in seemoz, 23. Juni 2003